
An diesem Orte weilte Goethe in den Herbsttagen 1814 und 1815
Euch grüß ich, weite lichtumfloßne Räume,
Dich, alten reichbekränzten Fürstenbau.
Euch grüß ich, hohe dichtumlaubte Bäume
Und über euch des Himmels tiefes Blau.
Wohin den Blick das Auge forschend wendet,
In diesem blütenreichen Wunderraum,
Wird mir ein leiser Liebesgruß gesendet;
O freud- und leidvoll schöner Lebenstraum!
Auf der Terrasse hochgewölbtem Bogen
War eine Zeit sein Kommen und sein Gehn;
Die Chiffer, von der lieben Hand gezogen,
Ich fand sie nicht, sie ist nicht mehr zu sehn!
O schließt euch nun, ihr müden Augenlider!
Im Dämmerlicht der fernen schönen Zeit
Umtönen mich des Freundes hohe Lieder;
Zur Gegenwart wird die Vergangenheit.
Schließt euch um mich, ihr unsichtbaren Schranken;
Im Zauberkreis, der magisch mich umgibt,
Versenkt euch willig, Sinne und Gedanken;
Hier war ich glücklich, liebend und geliebt.
Marianne Willemer (Suleika)
aus ihrem hier entstandenen Gedicht
vom 28. August 1824
Zur Erinnerung an den 150. Geburtstag Goethes
den 28. August 1899
und die aus Anlaß desselben
in Gegenwart Ihrer Königlichen Hoheiten
des Großherzogs Friedrich und der
Großherzogin Luise von Baden
stattgefundene städtische Goethe-Feier
mit der von Kuno Fischer gehaltenen Festrede
am 29. Oktober 1899
Diese Verse schrieb Marianne von Willemer in Erinnerung an ihre letzte Begegnung mit Goethe in den Herbsttagen des Jahres 1815
Vergleiche: https://www.zgedichte.de/gedichte/marianne-von-willemer/das-heidelberger-schloss.html